Skip to main content

Schwammwald als Hochwasserschutz

Wie der Wald Hochwasser und Dürre lindern kann

Starkregenereignisse haben in Süddeutschland Ende Mai und Anfang Juni 2024 zahlreiche Bäche und Flüsse über die Ufer treten lassen und mancherorts sorgten Sturzfluten für ein Jahrhunderthochwasser. Kurz zuvor wurden beispielsweise im Schurwald massive Eingriffe in den Wald vorgenommen. Rückegassen wurden mit schweren Harvestern und Forwardern verdichtet, Drainagekanäle wurden entlang der Maschinenwege ausgehoben und die Maschinenwege durch neue Kieslagen weiter verdichtet. Mit diesem Beitrag möchten wir aufzeigen, wie sich forstwirtschaftliche Maßnahmen auf den Wald in seiner Funktion als Schwammwald negativ auswirken kann.

Ein Schwammwald ist ein Waldgebiet, das aufgrund seiner besonderen Boden- und Vegetationseigenschaften eine hohe Wasseraufnahme- und Speicherfähigkeit besitzt. Diese Wälder spielen eine wesentliche Rolle im Wasserhaushalt und bieten einen natürlichen Schutz vor Hochwasser und Dürre. Durch ihre Fähigkeit, große Mengen Wasser aufzunehmen und zu speichern, helfen sie, extreme Wetterbedingungen abzumildern und tragen zur Stabilisierung des lokalen Klimas bei.

Schwammwälder wirken wie natürliche Schwämme. Sie nehmen Wasser aus Niederschlägen und Schneeschmelze auf und speichern es im Boden sowie in der Vegetation. Dadurch verringern sie die Menge des abfließenden Wassers und reduzieren die Gefahr von Überschwemmungen. Bei Starkregenereignissen kann ein Schwammwald einen Teil des Niederschlags zurückhalten und diesen allmählich an die Umgebung abgeben, was die Belastung von Flüssen und Bächen mindert und die Wahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen senkt.

Forstwirtschaftliche Maßnahmen zerstören die natürliche Schutzfunktion eines Waldes

Manch einem mögen bei einem Spaziergang durch den Wald sog. Rückegassen auffallen. Diese werden durch ein T an Bäumen gekennzeichnet. Die Rückegassen werden in den meisten Fällen von tonnenschweren Harvestern und Forwardern befahren (Vollernter; Rückezug - und können ein Gewicht von 30 bis 70 Tonnen erreichen), und verdichten den Boden extrem (hart wie Beton). Die Harvester sinken in den Rückegassen zwischen 20 und 80 cm und an manchen Stellen bis zu 150 cm tief in den Boden ein. Die Rückegassen sind hangabwärts - und somit ins Tal - gerichtet.

Erschwerend kommt hinzu, dass in Rückegassen gewissermaßen ein Kahlhieb stattfindet. Die Sonneneinwirkung wird stärker und ebenso die Winde trocknen - je nach Lage - den Boden zusätzlich aus. Der Boden wird also nicht "nur" verdichtet, sondern durch Trockenheit sehr hart - kommt es zum Starkregen, trifft dieser ungehindert auf die Rückegassen und strömt hangabwärts. Durch das Befahren entstehen teilweise auch Schäden am Wurzelwerk der Randbäume in den Gassen, da dieses zusammengepresst wird und zukünftig weniger Wasser aufnehmen kann. Vom Edaphon ganz zu schweigen.

Der logische Rückschluss liegt nahe, dass Rückegassen im engen Abstand von 15 bis 40 Meter hangabwärts nicht nur den Wald entwässern, sondern bei Starkregenereignissen regelrechte Sturzfluten in die Täler ableitet.

Ähnliches wurde auch damals bei der Ahrtal-Katastrophe festgestellt. Rückegassen, ein durch Harvester verdichteter Waldboden und Schlagrodungen sind wohl ein Beschleuniger der Hochwasserkatastrophe gewesen. Am 21. Mai 2021 erfolgte eine Meldung eines besorgten Bürgers, dass eine Hochwasserkatastrophe bevorstehen wird, welche am 21. Juli 2021 auch prompt so eintrat.

… Weiterhin führt der Umgang mit den Schadflächen seitens der Forstbehörden zu einer erhöhten Anfälligkeit der Waldflächen, da flächiges Befahren und Abräumen der abgestorbenen Bäume den Boden und dessen Wasserspeicherfähigkeit zerstören… …und der Boden ist meist durch eine flächige Befahrung stark verdichtet. Im Falle von Starkniederschlagsereignissen haben solche Flächen keine schützende Funktion mehr und die auftreffenden Niederschläge fließen hauptsächlich oberirdisch ins Tal.

Fraglich also, warum Forstbehörden mit dieser Praxis weitermachen, so als ob es die erwartbaren Extremwetterlagen nicht gäbe. Aber damit nicht genug - Links und rechts der Maschinenwege wurden bspw. im Schurwald 40 bis 80 cm tiefe Gräben entlang der Maschinenwege gezogen (geschotterte Wege im Wald), damit Wassermassen am Rande der Maschinenwege in die Waldbäche abgeleitet werden können. Das dient zum Schutz der Maschinenwege, doch hat das eben zur Folge, dass noch mehr Wasser - ohne Speichermöglichkeit des Waldbodens - schneller in die Täler geleitet werden können.

Hochwasser Fils, Rems, Neckar 2024

Ende Mai und Anfang Juni 2024 kam es über Süddeutschland zu einem Extremwetterereignis. Und ja, solche Extremwetterereignisse werden in den kommenden Jahren zunehmen - sowohl Hitze und Dürre als auch enorme Regenmengen. Erstaunlich aber war, dass man in den Fernsehbildern der Katastrophe viel Schnittholz, die Bäche und Flüsse hat hinabtreiben sehen. Zumindest der Verdacht eines kausalen Zusammenhangs der forstwirtschaftlichen Maßnahmen im und dem teils verheerenden Hochwasser lässt sich daraus ableiten.

Das kann ein Schwammwald leisten

Ein Schwammwald ist ein Wald, der nicht mehr mit herkömmlichen Methoden bewirtschaftet wird. Totholz bildet sich aus und eine umgestürzte Buche kann bis zu 2.000 Liter an Wasser speichern. Dieses Wasser nimmt sie im Verrottungsprozess langsam auf, speichert es und gibt es in den trockenen Perioden nur langsam ab. Um das Totholz herum können sich Farne, Moose, Flechten und Gräser ausbilden und so zur weiteren Wasserspeicherung beitragen.

Ein intakter Waldboden kann pro m² bis zu 400 Liter Wasser speichern
Michael Hoffmann

Ein intakter - wohlgemerkt intakter und nicht durch Harvestern durchpflügter Waldboden - kann somit bis zu 4.000.000 Liter pro ha Wasser speichern. Das sind 400 Liter pro m². Ein Starkregenereignis wie das im Jahr 2024 kann binnen 72 Stunden bis zu 240 l/m² beinhalten. Ein Großteil dessen hätte ein intakter Waldboden speichern können. Das unterstreicht einmal mehr, wie wichtig ein Schwammwald im Hochwasserschutz ist.

Ein Schwammwald ist ein kostengünstiger Hochwasserschutz

Die Aufwände, welche die Kommunen und Gemeinden in den Tallagen an Hochwasserschutz leisten müssen, stehen in keinem Zusammenhang mit den Erträgen der Forstwirtschaft. Erst recht nicht, wenn es zu einem Schadensfall kommt. Allein in Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) belief sich der Schaden nach ersten Schätzungen auf 120 Mio. Euro. So viel Wald kann man in dieser Region gar nicht fällen, um das zu erwirtschaften. In Baden-Württemberg und Bayern werden die Schäden auf ca. 2 Milliarden EUR geschätzt.

Würde man den Wald in Ruhe und sich zu einem Schwammwald entwickeln lassen, müsste man zwar auf die Einnahmen der Forstwirtschaft verzichten, doch stehen diese in keinem Verhältnis zum natürlichen Hochwasserschutz oder weiteren Kosten, Extremwetterereignisse wie Dürre oder Hitze. Denn auch hier kann der Schwammwald entgegenwirken und die Folgen durch langsame Wasserabgabe und Grundwasserbildung abmildern.

Unsere Aufgabe

Die Bernhard-Veil-Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Waldbiotope zu fördern und wo es auch immer nur möglich ist, die Wälder zu Schwammwälder entwickeln zu lassen.

Aus diesem Grund kaufen wir Waldgrundstücke auf und lassen diese sich auf natürlichem Wege renaturieren. Sollten Sie Interesse an diesem Projekt haben, so freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.